Los Brasiles (15.-18.11.2019)

Nur 20 km von León entfernt liegt der Pazifik. Klar fahren wir zu Roberts Geburtstag ans Wasser. Der Taxifahrer, der uns zum Busbahnhof bringen soll, macht uns ein gutes Angebot und für ein paar Dollar mehr brettern wir durch. Das Café, an dem wir schließlich halten, hat ein wenig vom Ende der Welt. Die Straße ist hier zu Ende, wir müssen mit einem Boot auf die andere Seite des Flusses und dann noch 20 Minuten durch den Wald laufen. Wir haben in der „Surfing Turtle Lodge“ einen der drei Strandbungalows gebucht.

Das Resort liegt ziemlich allein am Strand und wir bleiben auch fast die einzigen Gäste. Leider lässt sich unser Bungalow von innen nicht abschließen, sodass wir nachts einen kleinen Tisch vor die Tür schieben. Im Netz finden sich viele coole Videos über das Resort, hier wurde aber lange nichts mehr gemacht und von der Substanz gelebt. Beim Check-in versucht man von uns mehr Geld zu bekommen, als in unserer Buchung steht. Es geht dann aber doch. Zwei Paare treffen wir noch, die das Gleiche erlebt haben. Vom einstigen Glanz ist auf jeden Fall noch das blasierte Gehabe einiger Angestellter geblieben.

Wir stellen uns drauf ein und haben’s dann gut.

Der Pazifik. Für mich das erste Mal. Andere Wellen und auch eine andere Farbe als die Karibik. Deutlich rauer schäumen die Wellen an Land. An den ersten beiden Abenden erleben wir unglaubliche Gewitter. Wolken, Blitze und Wetterleuchten kommen von zwei Seiten und nehmen bald den ganzen Himmel ein. Atemberaubend, wie die Blitze vor uns ins Meer einschlagen. Besser als jedes andere Geburtstagsfeuerwerk.

Hier gibt es wirklich nichts zu tun. Direkt am Strand steht ein nach allen Seiten offener, überdachter Raum mit Hängematten. Hier ist es, weil der Wind durchfährt, auch am Tag nicht zu heiß. Ich bin oft gleich nach Sonnenaufgang dort, um mir die schnell sich ändernden Farben anzusehen. Baden mag ich allerdings nicht. Dieses Meer ist mir zu wild. Wild erlebe ich auch die Umgebung, Natur pur, nur Wasser, Sand und Wald. Mir behagt das nicht so sehr. Robert liebt es. Wir lesen, essen, schreiben und bekommen mit, wie kleine Wasserschildkröten schlüpfen und ihre ersten Schritte zum Wasser machen. Direkt neben unserem Hotel ist ein Schutzgehege. Von einer deutschen Studentin, die hier ein dreimonatiges Praktikum macht, erfahren wir, dass in diesem Strandabschnitt keine Schildkröten mehr auf natürlichem Wege zur Welt kommen. Alle Nester werden von Eier-Dieben gefunden, armen Menschen, die nichts anderes verdienen können. Weil sie aber auch wissen, dass das besser ist, verkaufen sie die Eier dann an die Aufzuchtstation. Hier werden sie dann wieder eingegraben, liegen 50 Tage in 45 cm Tiefe im warmen Sand, bis die kleinen schlüpfen. Zweimal am Tag, um sechs Uhr morgens und um fünf Uhr abends werden die Jungen dann unter Aufsicht ins Wasser entlassen. Eine von tausend wird das Erwachsenenalter erreichen.

Nach vier Nächten beschließen wir ein paar Kilometer weiter zu ziehen, wir bleiben am Meer, aber ziehen in eine Unterkunft mit Umfeld, nach Las Penitas.

Las Penitas (18.-22.11.2019)

Nach der Flussüberquerung müssen wir noch einige Kilometer durch die Mittagshitze zu Fuß gehen. Es ist das erste Mal, dass wir im ländlichen Nicaragua zu Fuß unterwegs sind. Die beiden Fischerdörfer Ponelonia und Las Penitas gehen parallel zum Strand beinahe ineinander über. Die Straßen sind leer, an beinahe jedem zweiten Haus steht eine Schild „zu vermieten“ oder auch „zu verkaufen“. Es gibt Restaurants, Hotels, einen Aussichtspunkt mit Parkplatz: Alles verwaist. In der krassen Mittagssonne wirkt das alles noch ausgestorbener, trostloser.

Jetzt sind wir da: Die Simple Beach Lodge ist eine von drei Unterkünften an diesem Strandabschnitt, in denen wirklich Gäste sind. Gemanaged von einem jungen argentinischen Paar, das immer ein Lächeln hat und eine schöne Zweisamkeit ausstrahlt. Wir genießen die Ruhe und unser einziges Hauptgericht: Pasta mit Gemüse und Tomatensoße. Weil wir es wirklich jeden Tag essen, variiert es die Küche für uns, einmal gibt es sogar Petersilie.

Spaziergänge zum Sonnenaufgang und die Sonnenuntergänge werden, wie auf Caye Caulker, wieder zu unserem täglichen Ritual. Jeder ist anders. Nichts von dem Erleben geht auf ein Foto. Weder der Reichtum an Farben, noch die Weite, Größe und Erhabenheit des Himmels über dem Meer. Venus, Jupiter und Saturn sind als erste „Sterne“ zu sehen und gehen bald danach schon wieder unter.

Eines Morgens machen wir einen traurigen Fund: Die Flut hat eine tote, ausgewachsene Meeresschildkröte am Strand liegen lassen. Sie liegt auf dem Rücken, die Panzerlänge beträgt etwa 70 cm und außer einem stark hervorgequollenen Auge sieht sie intakt aus. Vielleicht ist sie in einem Netz hängen geblieben und erstickt. Und dann beim Einholen der Netze einfach dem Meer überlassen. An diesem Tag werden wir noch eine weitere Schildkröte im Gezeitenbecken sehen an der schon die Geier fressen. So haben wir in wenigen Tagen den Beginn und das Ende eines Schildkrötenlebens sehen dürfen.

Eine andere traurige Geschichte, die wir jeden Morgen erleben, hat mit dem fehlenden Tourismus zu tun, ist aber durch nichts zu entschuldigen.

Im Hotel ist ein Kommen und Gehen, manche bleiben nur für einen Tag. Das ist etwas, das wir, die gerade die Entschleunigung genießen, nicht nachvollziehen können. Wir verlängern noch zwei Tage. Dann – zum ersten Mal mit einem „Chicken Bus“ – fahren wir zurück nach León.

Links

Las Peñitas, Nicaragua – Wikipedia

Las Peñitas | This is the website about Las Peñitas, Nicaragua

Las Penitas – Nicaragua

Turtle season | Las Peñitas

Nicaragua beach hostel accommodations & activities – Surfing Turtle Lodge

The Simple Beach Lodge, Las Peñitas Hotel a little piece of paradise