18. – 24. September 2019
Robert freut sich: Palenque liegt mitten im Dschungel, unser Hotel etwa auf halber Strecke zwischen der Stadt und den Ruinen. Wir beziehen einen kleinen Bungalow, die Anlage hat einen Pool, Liegen, Hängematten und lädt zum Entspannen ein. Der erste Kontakt mit dem Restaurant ist allerdings grauenvoll: So liebevoll das Hotel, so lieblos die Küche. Zum Glück liegt auf der anderen Straßenseite das El Panchán, eine zum Dschungel wieder aufgeforstete ehemalige Ranch, mit drei Resorts und einem Restaurant. Das gesamte Anwesen gilt als Zentrum der alternativen Szene Palenques, es gibt jeden Abend Live-Musik im Restaurant mit mexikanischer und italienischer Küche. Und, unsere Favoriten, eine Mischung aus beiden Welten, den herrlich scharfen Pizzen „Mexicana“ und „Palenquana“. Direkt im Blick, fünf Tische, an denen Schmuck gemacht und angeboten wird, ein Shop mit gesunden Essenzen aller Art (auch Tabak) und einem kleinen Massage-Studio. Aussteigerszene trifft relaxte Inländer. Sehr entspannt. Sechs Tage werden wir in Palenque verbringen und jeden Abend hier essen.
Gleich am nächsten Morgen besuchen wir die Ruinen. Wir sind wieder unter den ersten. Eine dritte, wieder andere Atmosphäre. Das Gelände beginnt mit bedeutenden Grabstätten, besonders hervorgehoben das Grab der roten Königin, deren ausgeräumte Grabkammer wir besichtigen können. Gleich daneben der Tempel der Inschriften, dem berühmtesten Grabdenkmal der Mayas, das leider nicht mehr zu besichtigen ist. Wir bleiben ein paar Stunden, klettern hier und da (nur auf erlaubten Wegen) hinauf und werden mit mehr oder weniger deutlichen Reliefs belohnt. Auf dem Weg ins Museum laufen wir durch den Dschungel, riesige Bäume haben weniger bedeutende Bauten, die auch hier stehen, in Besitz genommen. Den Nachmittag verbringen wir entspannt am Pool, bis das allabendliche Gewitter kommt. Auch den kommenden Tag verbringen wir am Pool, mit Lesen, Faulenzen und Chillen im Wasser. Man hört nur das Plätschern des Wassers.
Für den folgenden Tag haben wir einen Tagesausflug zu zwei Wasserfällen gebucht. Trotz Nebensaison wird unser Kleinbus voll. Mit uns ein deutsches Paar, das wir am Pool kennengelernt haben. Die Fahrt führt in die Berge, zunächst zu dem recht hohen Wasserfall Misol-Ha, der sowohl von vorne als auch von hinten eine gute Figur macht. Robert muss sofort ins Wasser. Danach klettern wir weiter in die Berge. Zu Beginn, in Mitten und am Ausgang jeder Siedlung gibt es Beton-Schwellen (vergleichbar den „Moabiter Kissen“), die Autos zum langsamen Fahren zwingen. Die eine, an der wir halten, hat drei aufeinanderfolgende Schwellen und ein Häuschen, aus dem drei Männer auf den Bus zukommen. Unser Busfahrer spricht mit den dreien, zahlt einen Hunderter (ca. 5 Euro) und bekommt noch etwas zurück. Wir denken, er hat den Eintritt zum zweiten Wasserfall bezahlt. Erst Stunden später, als wir auf dem Rückweg das Dorf erneut passieren, klärt sich der Vorgang auf. Ein Zapatistendorf: Schriftzüge klären darüber auf, es gibt eine Frauenvereinigung und die Schule wird als Erfolg aktiven Widerstands gefeiert. In diesem Gebiet zwischen Palenque und San Cristobál gibt es viele zapatistische Dörfer, werden wir später lesen.
Wir überfahren noch eine zweite Straßensperre, und zwar rabiat: unser Fahrer brettert ungerührt darüber. Eine Frau hatte eine Schnur ca. 30 Zentimeter über dem Boden gespannt, an der bunte PET-Flaschen festgebunden sind, damit der Autofahrer sie auch sehen kann. Auch dieses Bild verstehen wir zunächst nicht, lesen später, dass arme Frauen diese Sperren errichten, um den Autofahrern Bananen verkaufen zu können – ihre einzige Einnahmemöglichkeit. Ja und arm sah sie aus, die Frau mit ihren drei Kindern, die so schnell aus dem Blick durch das Seitenfenster verschwanden. Das erinnern wir noch.
Der zweite Wasserfall, Agua Azul, ist auf den ersten Blick weniger spektakulär. Über breite Terrassen schäumt das Wasser, das leider nicht wirklich blau ist. Es ist eben Regenzeit und die Farbe eher neutral. Links des Weges, der den Aufstieg säumt, Unmengen an Händlern und Restaurants. Wir wollen uns nicht vorstellen, was zur Hauptsaison hier los ist. Weiter oben gibt es eine Badestelle mit einem Seil zum Hineinschwingen und man kann ganz nah an die Kante der Kaskade heranschwimmen, ohne in Gefahr zu kommen. Spannend – doch irgendwann ist uns kalt.
Obwohl (fast) mitten im Dschungel ist unser Zimmer ziemlich laut. Es liegt der Straße zu den Ruinen sehr nah. Bis weit nach Einbruch der Dunkelheit und schon ab sieben in der Früh hören wir Autos, Autos, Autos. Doch Nachts ist Ruhe, bis auf das leise Surren des Propellers über unseren Betten. Als ich eine Nacht gegen eins aufwache, mischt sich ein anderes kaum hörbares Geräusch darunter, fast wie ein schwerer Atem. Es sind Brüllaffen, die wir in den kommenden Tagen noch lauter hören und an unserem letzten Tag in Palenque auch endlich sehen werden. Noch ein anderes Tier erregt unsere Aufmerksamkeit. Keine 10 Meter von unserem Bungalow entfernt läuft es über den Platz: Es hat die Größe eines kleinen Hundes, ganz glatte Umbra-farbige Haut und die Form eines winzigen Flusspferdes. Es handelt sich, wie unsere Karlsruher Bekannten schnell herausfinden, um ein Aguti, einen entfernten Verwandten des Meerschweinchens. Einmal bekommen wir sogar Mutter und Kind zu Gesicht. Wir scheinen unheimliches Glück zu haben, denn laut Wikipedia gilt das mexikanische Aguti als vom Aussterben bedroht.
Nach Stunden am Pool überkommt uns der Wunsch nach Bewegung: Wir unternehmen unseren ersten Spaziergang. Die Karte zeigt einen möglichen Rundweg von 5 bis 6 km – das machen wir. Etwas unsicher werden wir schon, als wir die Straße verlassen und auf einen Weg einbiegen, an dem links und rechts nur Felder liegen. Schon bald hört man kein Geräusch, sieht keine Menschenseele mehr. Die Stille tut gut, der Blick in die Landschaft auch, aber das beste ist, wir schaffen es auf die Minute vor dem Abendgewitter zurück. Mann, wären wir nass geworden.
An unserem letzten Tag noch mal eine Tour. Nur eine gute Stunde Kleinbusfahrt entfernt liegt ein weiterer Wasserfall, die Roberto Barrios. Anders als die beiden anderen mitten im Dschungel, nur wenige Touristen fahren hierher. Die, die kommen sind ausschließlich Mexikaner und haben (je Familie) große Kisten mit Proviant dabei. Wir baden, laufen durch den Dschungel und baden wieder. Herrlich erfrischend das kühle Wasser. Und wir sehen sie endlich, direkt über uns, herabfallende Blätter haben sie verraten: Brüllaffen, die sich fressend in den Wipfeln von Baum zu Baum bewegen. Robert ist glücklich.