27. bis 30. Oktober 2019

Mit der Dämmerung werden wir vor unserem Hotel abgeholt. Der Minibus wird in der kommenden halben Stunde randvoll gemacht, alles Gepäck kommt regensicher verpackt wieder auf das Dach, dann verabschiedet sich unser temperamentvoller Reiseveranstalter und auf geht’s nach Guatemala Stadt. Nach 90 Minuten sind wir da, ein Busbahnhof mit Platz für drei Busse, zwei stehen schon dort. Unser Fahrer ermahnt uns, auf keinen Fall auf der Straße stehen zu bleiben, das sei zu gefährlich, und Wartezeit nur im Büro der Busgesellschaft zu verbringen. Robert beobachtet noch eine Schlägerei, ich bin schon weiter. Wirklich eine dunkle Gegend. Unser Nachtbus ist aber schon da und wir können bald einsteigen. 11 VIP-Plätze mit Liegesitzen gibt es im Untergeschoss. Bald schlafe ich ein. Immer mal wieder werde ich wach, sehe durchs Fenster, dass unser Bus an einer Kontrollstelle steht. Google Maps verrät mir, dass wir jetzt schon eine drastische Verspätung haben müssen. Wir fahren den langen Weg parallel zur honduranischen Grenze und dann über den Rio Dulce Richtung Tikal. Das auswärtige Amt hatte informiert, dass Guatemala in mehreren Gebieten, die wir durchfahren, den Ausnahmezustand erklärt hat. Der Peten, der Teil Guatemalas, in dem auch Tikal liegt, ist sehr spärlich besiedelt. Drei große Naturschutzgebiete reihen sich an der mexikanischen Grenze. Eine ideale Route für Schmuggel aller Art von Honduras nach Mexico.

VIP Komfortliegesessel mit textilem Privat-Sphäre-Trenner

Robert schläft schlecht im Bus, während ich mich dem warmen Liegesessel ganz ergebe. Er weckt mich, als der Bus im Busbahnhof von Flores hält. Fast drei Stunden sind wir zu spät. Die Abholung durch unser Hotel klappt unerwarteter Weise trotzdem, nur ganz anders als geplant. Ein Hotel-Jeep bringt uns zum Flughafen, wo Hotelgäste, die bereits vor einer Stunde in Flores gelandet sind, in einem anderen Bus auf die very VIP-Bus-Reisenden warten. Es hat also doch Vorteile, klimafreundlicher zu reisen …

Apropos Klima: In Tikal haben wir wieder tropische Temperaturen. Das Frieren ist erst einmal auf absehbare Zeit vorbei.

Knapp 90 Minuten sind wir jetzt noch einmal die 60 km bis zu unserem Hotel in Tikal unterwegs. Die zweiten 30 km, nach der Einfahrt zum Nationalpark, wo wir alle aussteigen und unsere Tickets kaufen, fährt der Fahrer konstant 40 km/h. Es gibt eine einfache und wirkungsvolle Geschwindigkeitskontrolle, bei Abfahrt und Ankunft wird die Zeit auf einer Karteikarte vermerkt. Wer zu kurz unterwegs ist, ist wohl zu schnell gefahren. Wär doch mal was für deutsche Autobahnen.

Der Check-In geht schnell, unser Zimmer ist um 11 Uhr morgens schon bezugsfertig. Das Zimmer ist klein, aber sehr sauber, gerade dunkel, denn Strom gibt es hier im Naturschutzgebiet nur zwischen 17 und 23 Uhr, und hat einen tollen Blick in den Dschungel. Es gibt nur einen „shared bathroom“ aber in der Deluxe-Variante. Gleich nach einer erfrischenden Dusche gehen wir ins Innere des Parks: Tikal. Es ist, mit Ausnahme der Tiere, absolut still. Und überall grün. Dschungel mit begehbaren Pfaden durchzogen. Nach acht Tagen Stadt genießen wir das sehr. Nach 20 Minuten sind wir am Hauptplatz, dort wo die Bilder fotografiert sind, die ihr alle von Tikal kennt. Wir laufen noch weiter, bis zum Tempel IV, den höchsten der Ausgrabungsstätte (67 Meter), den man über eine auf der Rückseite angebrachte Treppe besteigen kann. Von oben hat man eine wunderbare Aussicht über den Dschungel, bei guter Sicht kann man bis Mexiko oder Belize sehen. Doch heute schüttet es plötzlich wie aus Eimern, wir warten eine Weile in einer kleinen Schutzhütte ab, dennoch wird Robert, der euphorisch ob der Wärme heute erstmals seine Regenjacke im Hotel gelassen hat, auf dem Heimweg ziemlich nass.

Drei Tage bleiben wir im Hotel. Jeden Tag sind wir im Park, sehen verschiedenste Tiere, Agotis gibt es gleich beim Hotel, Schmetterlinge, einen besonderen Fasan, eine kleine Tucan-Art, jede Menge anderer Vögel, Brüllaffen, deren Gebrüll besonders Robert immer wieder begeistert und Spyder-Monkeys, die es lieben sollen Besuchern von oben auf den Kopf zu sch…, angeblich um Dominanz zu zeigen. Wir sind jedenfalls verschont geblieben. Seit Panajachel haben wir an allen Orten Kolibris gehört und gesehen. Hier kommen sie, wie alle Tiere, ganz nah. Morgens in der Dämmerung sind sie die Ersten an den Blüten und als ich kurz nach Sonnenaufgang meinen Kopf neugierig ins Gebüsch stecke, kommt einer direkt vor meine Nase, steht in der Luft, trinkt Nektar, ignoriert mich einfach, trinkt weiter und fliegt davon.

Neben den Ruinen, die wir alle beklettern, ist es die Stille und Üppigkeit der Natur, die uns hier begeistert. Wir hatten wirklich weit mehr Besucher erwartet in dieser wohl berühmtesten Maya-Stätte der Welt, aber die, die da sind, verlaufen sich auf angenehme Weise. Gerade früh morgens und bei den weniger „wichtigen“ Tempeln sind wir oft alleine. Robert entdeckt am ersten Tag einen Copal-Baum. Aus einer kleinen Wunde am Stamm ist etwas Harz ausgetreten, das wunderbar duftet. Obwohl wir ihn von da an jeden Tag suchen, finden wir ihn erst am letzten Tag wieder. Und noch ein Baum hat uns schwer beeindruckt: „La Ceiba“, der Weltenbaum der Maya. Jetzt direkt unter diesem riesigen majestätischen Baum fällt es plötzlich leicht sich in den Glauben der Ureinwohner hineinzuversetzen, dass es dieser Baum ist, der den Himmel trägt.

Schaut euch die Videos im Vollbild an…

In drei Tagen haben wir wirklich jeden Winkel der Ausgrabung gesehen. Manches, was ein Tempel sein soll, ist einfach nur ein ungewöhnlich geformter kleiner Berg mit Bäumen. Uns wird klar, wie viel Fantasie und später auch Geduld dazu gehört haben muss, das alles auszugraben und später auch zu restaurieren. Und es wirft auch die Frage auf, wie authentisch das wohl in jedem Einzelfall ist, was wir sehen. Die Holzstürze über den Türen z. B. lesen wir, die Inschriften tragen, liegen heute alle in Museen, sind z.T. durch Beton ersetzt. Dennoch alles sehr beeindruckend. Tempel IV, den mit dem Ausguck, besuchen wir jeden Tag zu einer anderen Zeit, um den Wald in unterschiedlichem Licht von oben zu sehen. Etwas niedriger ist der „El Mundo Perdido“ genannte Tempel, der ebenfalls eine Aussichtplattform hat. Auch hier sind wir zweimal. Von hier aus kann man die großen Tempel überblicken, von denen wesentlich die Spitzen aus dem grünen Meer schauen. Und wir sehen eine Horde Spyder-Monkeys beim Mittagessen (Früchte). Auf dem Rückweg nehmen alle 20 Affen, deren zu Hause in einem hohen Ceiba-Baum ist, genau den selben Weg (einen Sprung an einen senkrechten Stamm inklusive), einer nach dem anderen – beeindruckend.

Mitten im Dschungel treffen wir immer wieder auf Nasenbären, nicht einzeln, wie noch in Mexiko, sondern ganze Horden, die mit erhobenem Schwanz, Weg und Wiese kreuzen. Dabei graben sie mit der Schnauze den lockeren Boden auf der Suche nach Fressbarem um. Sie sind entfernt mit den bei uns eingewanderten Waschbären verwandt, ebenso keck und sollen ebenso auf keinen Fall gefüttert werden.

Nach soviel frischer Luft sind wir abends immer müde und gehen mit dem Beginn der Dunkelheit schlafen. Und es ist wirklich absolut dunkel! Nur Sterne am Himmel. Und die Geräusche des Urwalds. Eine Erfahrung, die wir in Berlin nicht mehr kennen. (Aber es gibt einen Dunkelpark in Brandenburg, wir müssen also nicht unbedingt soweit wegfahren)

Was fehlt

Obwohl es zum Hotelessen keine Alternative gibt und keine vegetarische Karte, ist die Küche hier wirklich Spitze. Der Clou nach den Nudeln (in verschiedenen Variationen) war der „Flan del Dia“.

Links

Tikal – Wikipedia

Tikal – Reiseführer auf Wikivoyage

Ceiba – Wikipedia

Kapokbaum – Wikipedia