10.12.-13.12.2019

Wir verlassen Granada sehr früh am Morgen. Wir wollen die uns empfohlene Fähre auf die Insel bekommen, die nur zweimal am Tag fährt. An der Bushaltestelle (eigentlich eine Kreuzung, an der die Busse in diese Richtung abfahren) erfahren wir, dass ein direkter Bus nach Rivas erst in einer Stunde fährt. Wir können aber gleich eine Teilstrecke fahren und dann in einen Express-Bus umsteigen, der aus Managua kommt. Es geht sofort los, der Bus ist nicht ganz voll, alle haben gute Laune, der Fahrer lacht und singt mit der Musik, die er für die Fahrt heute ausgesucht hat. Uns fällt auf, wie fröhlich er und auch andere hier ihre Arbeit machen. Wir bekommen einen Wink, als wir aussteigen müssen und zwei Minuten später sitzen wir im nächsten Bus.

Der Busbahnhof in Rivas war dann wirklich ein Erlebnis. Ein großflächiger Markt, auf dem schier alles verkauft wurde und überall (hupende) Busse und Menschen. Wir müssen noch drei Kilometer bis zum Hafen und bevor wir hier den richtigen Bus finden, entscheiden wir uns schnell für ein Taxi. Angekommen erfahren wir, dass es die “recommended ferry” gar nicht mehr gibt. Das Ersatz-Schiff ist aber immerhin auch aus Metall und keine der alten Holzboote, die ebenfalls über den See fahren.

An Bord lernen wir Barbara kennen. Sie ist erst seit ein paar Tagen in Nicaragua und wird auf Ometepe in der Unterkunft wohnen, die Mira und Alex zu Weihnachten gebucht haben. Es ist schon spannend auf diese Insel zuzufahren, die im Wesentlichen aus zwei nebeneinander liegenden Vulkanen besteht. Wir sehen eine dunkle Wolke auf uns zukommen und mit einem Mal schüttet es kurz, aber ziemlich heftig. Die Fahrt über den See sollte eigentlich 90 Minuten dauern, da wir aber fast zwei Stunden brauchen, ist der Bus schon weg, als wir die Insel erreichen. Barbara nimmt uns ein Stück mit ihrem Taxi mit, dann fahren wir noch ein paar Kilometer mit einem Kleinbus. Was wir sehen, als wir aussteigen, hat etwas vom Ende der Welt. Ein paar Häuser links und rechts der Straße, ein paar Hühner, kaum Menschen, noch weniger Touristen.

Wir gehen ins Café Campestre, das dem gleichen Eigentümer gehört wie unsere Unterkunft. Es ist gerade erst zwölf und alles läuft noch sehr schleppend. Wir wollen hier zu Mittag essen und dann zu Fuß die restlichen Kilometer bis zum “Casa del Bosque” laufen. Die Wegbeschreibung lautete etwa so: “Einen Kilometer bis zum Ende der asphaltierten Straße, dann einen weiteren Kilometer laufen, das zweite große Tor auf der rechten Seite …” Und so war es dann auch. Vom Eingang zum Grundstück ging es dann aber noch einen weiteren Kilometer in die Berge bis wir unser Ziel erreicht hatten. Der Weg dorthin war links und rechts mit blühenden Sträuchern bepflanzt und überall fliegen Schmetterlinge in verschiedensten Farben und Größen. Als wir oben ankommen, sind wir wirklich nass, es ist halb zwei und beinahe die heißeste Tageszeit. Das Haus ist riesig, hat drei gar nicht mal so große Zimmer mit einer je um das mehrfach größeren Terrasse und einer riesigen Gemeinschaftsküche. Hier lernen wir Nicole kennen, wie Robert Lehrerin im Sabbatical. Nicole ist auch erst seit heute hier, musste – und hier wird’s magisch – aus der Unterkunft ausziehen, die Barbara heute bezogen hat. In unserer Welt scheint für einen Moment alles mit allem ganz nah zusammenzuhängen. Irgendwann lassen wir die Türen offen, essen und lachen miteinander, ja und es gibt natürlich auch ein Gespräch über Schule und das bundesdeutsche Bildungssystem.

Auf dem weitläufigen Grundstück der Finca leben Ben, der diesen Ort seit zwanzig Jahren aufbaut, und jetzt im Winter auch seine Eltern, jeweils in einem anderen Haus. Von unserer Terrasse sehen wir über einen Garten, indem verschiedene Kräuter und Gemüse für die Gerichte im Café Campestre angebaut werden, durch tropischen Wald auf den tiefer liegenden Nicaragua-See. Auf der Terrasse weht immer ein leichter Wind und abends frösteln wir sogar ein wenig in den Hängematten. Der Himmel ist unvergleichlich, es ist Vollmond und überall zirpen Insekten. (Als wir einmal etwas knapp nach Sonnenuntergang von einer Fahrradtour zurückkommen, leuchten uns unzählige Glühwürmchen den Weg).

Vier Fahrräder gehören zum Haus. Wir nehmen die besten und machen einen Ausflug zu “El Pital”, einem Resort mit Café, das Schokolade selbst herstellt. Wir sind auf einer Vulkaninsel und der Weg am Ufer geht ständig auf und ab. Als wir ankommen, sind wir fertig, Robert auch mit den Nerven, denn an seinem Rad funktionieren die Bremsen nicht. Wir werden aber gleich entschädigt: Die Betreiber vom dieses kleinen Resorts haben einen Kakao-Baum auf dem Grundstück und machen seit ein paar Jahren selbst Schokolade. In einem besonderen Verfahren werden die Bohnen dabei nicht erhitzt, was das Aroma auf besondere Weise erhalten soll. Es gibt fünf Sorten, die wir alle probieren dürfen. Die Tafeln kosten schon etwas mehr, sind aber die beste Schokolade, die Robert je gegessen hat. Wir setzen uns an den See, dessen Wasser rau ist und nicht gerade zum Baden einlädt, und trinken einen ziemlich leckeren Schoko-Smoothie, dessen Energiedichte uns das Abendessen ersetzt. Im El Pital treffen wir auch Barbara und Nicole wieder, die sich – beide aus verschiedenen Richtungen – zu Fuß auf den Weg gemacht hatten. Keiner wusste von der Absicht des anderen: magisch.

Das Casa del Bosque ist ein Ort, von dem wir eigentlich nicht weg müssen. Es ist herrlich auf der Terrasse in der Hängematte zu liegen oder im Schaukelstuhl zu sitzen, Zeit Zeit sein zu lassen und der Dämmerung zuzusehen, Schmetterlinge zu beobachten oder Brüllaffen zu lauschen. Frühstück ist inklusive und das Abendessen wird auf Bestellung mit dem Motorrad vorbeigebracht. Dennoch machen wir uns noch einmal auf den Weg: Wir haben uns mit Barbara verabredet, gemeinsam das “Ojo de Agua” zu besuchen. 8 km sind es mit dem Rad zu ihr, dann laufen wir noch 2 km zu Fuß. Was wir dort finden, ist eine Mischung aus einem öffentlichen Schwimmbad und Natur. Mitten im Wald ist ein Fluss, der einer Quelle in der Nähe entspringen muss, eingefasst in ein gemauertes Becken. Das Wasser ist unglaublich klar und auch angenehm frisch. Es ist aber auch ganz gut besucht, von einheimischen Touristen und Gringos. Denn es gibt sie natürlich doch, in anderen Bereichen der Insel. Die meisten von ihnen erleben wir auf dem Fahrrad, wenn sie auf Rollern, Motorrädern oder ziemlich albernen Quads mit ohrenbetäubendem Lärm und Freiheit in den Haaren an unseren China-Rädern vorbeibrettern. Am “Casa am Ende der Welt” bekommen wir nichts davon mit.

Wir hätten gerne noch zwei oder drei Tage bleiben können. Zum ersten Mal auf dieser Reise haben wir jedoch einen Zeitplan, an dessen Ende, in knapp drei Wochen, unser Flug von Mittel- nach Südamerika bereits gebucht ist. Nicole verlässt mit uns die Insel, wir teilen ein Taxi, stoppen noch einmal bei Barbara um uns zu verabschieden und bekommen beinahe die Fähre nicht: Die Straße kreuzt kurz vor dem Anleger den Flugplatz der Insel und wenn die Landebahn gebraucht wird, wird die Straße einfach gesperrt. Ähnlich einer Schranke, nur das hier kein Zug durchfährt, sondern ein Flieger startet oder landet. Aber wir schaffen es gerade noch so zur Abfahrt. Die beiden Vulkane werden langsam kleiner. Der Abschied von der Insel wird für uns auch ein Abschied von Nicaragua, einem Land, das wir beinahe gar nicht bereist hätten, aber das und dessen Menschen wir in knapp fünf Wochen so lieb gewonnen haben.

Was fehlt…

Der See. Obwohl fast immer am Ufer eines der größten Seen Mittelamerikas unterwegs, hatten wir keine Lust hier ins Wasser zu gehen. Die Strände waren klein, lagen oft direkt an der Straße und auch nicht ganz müllfrei. Wir hatten ja gerade bestes Wassererlebnis an der Lagune gehabt.

Links

Ometepe – Wikipedia

Nicaraguasee – Wikipedia

Casa del Bosque Accommodation

Home | el pital website

Ometepe Travel Guide: Ojo de Agua Swimming Pools near Santo Domingo