17.1. bis 14.2.2020
Vier Wochen waren wir in Playa Guasacate. Solange wie nirgendwo zuvor. Der Strand im Südwesten Nicaraguas ist Bellas Lieblingsstrand. Mit ihr und ihrem Mann Yves waren wir hier, jedes Paar in einem eigenen Haus.
Nach unserem „Reset“ in Cartagena (Kolumbien), waren wir nach Nicaragua zurückgekehrt, hatten zwei Tage in Granada verbracht und anschließend fünf an der Laguna de Apoyo. Robert hat gelesen, Musik gehört und viele Stunden auf der Hollywood-Schaukel verbracht. Jeden Morgen sind wir zusammen auf die noch glatte Lagune hinaus geschwommen und haben den Raum genossen, den wir hier in Nicaragua wieder für uns hatten. Der See, der Vulkan, der Kraterrand, der Himmel und sonst nicht viel. Ich hatte angefangen etwas zu schreiben, Konzepte und Texte für das nächste Lehrjahr am Photocentrum. Bella und Yves arbeiteten derweil mit Marcos an der Fertigstellung ihrer App SignIt Safe, einer App, die digitale Vertragsabschlüsse sicher möglich machen soll. In diesen Tagen durften wir auch letzte Beta-Tester sein, bevor wir dabei waren, wie die App online ging. Hier lernten wir auch noch Sandra kennen, einer in Neuseeland lebenden Deutschen, die wir in Guasacate wieder treffen werden.
Nur Marcos fehlt: Yves mit Bella, Sandra, Thomas und Robert, Marieken und Marc vor deren Hostel „Red Pepper“ (vorne Duke) Marcos, Duke und Sandra. Teil des Signit Safe Workcamps. Bella mit Apple (alte Papageiendame) und Lenovo.
Am Freitag, stiegen wir dann alle in Bellas Auto, auch Apple, die alte Papageiendame, und fuhren über Rivas nach Guasacate. Drei Stunden Fahrt für gut 70 km, die letzte Stunde über eine reine Schotterpiste. Uns erwartete eine langgestreckte Siedlung, Ferienwohnungen, kleine Häuser oder 3-4 Zimmer-Hotels. Die meisten von europäischen Expats betrieben. Guasacate gehört zu Popoyo, einem Surferstrand mit hohen Wellen. Jetzt im Januar gibt es viel Wind, aber wenig Wellen und bis März ist noch wenig Betrieb.
Akro-Yoga in der Abenddämmerung (Sandra mit Robert) Der Stuhl … Fertig! Foto!!! (Sandra und Robert)
Bella und Yves werden Freunde. Beide arbeiten viel, aber es bleibt Zeit für ausgiebige Strandspaziergänge und gemeinsames Essen. Die Zeit mit beiden, aber auch die mit Marcos und Sandra, ist ein besonderer Abschnitt unserer Reise. Die Mischung aus Nähe und Abstand, Arbeit und Freizeit, Gespräch und gegenseitiger Hilfe ist etwas, das mir die Vorstellung einer lockeren Lebensgemeinschaft erstmals in einem positiven Licht erscheinen lässt. Robert freut sich. Es ist sein Traum mit nahen Freunden, im jeweils eigenen Haus, verteilt auf einem großen Grundstück, alt zu werden.
Surfers Road. Pacific Coast. Das zweite Büro (für die Mittagszeit): Casitas Pacificas.(Sieht aber gerade nicht nach Arbeit aus) Der Hof vom Dutchys. Hier haben wir sehr oft gefrühstückt. Alex backt fantastisches Brot. Unser „Office“ im Dutchys … Alle arbeiten nur Robert hat ganz frei … Bloß nicht ansprechen … Jetzt gerne …
Da Bella schon öfter hier war und Freunde gefunden hat, sind wir auch gleich etwas „drinnen“. Marc und Mariken kommen aus Holland. Vor fünf Jahren haben sie hier Land gekauft und ein kleines Resort mit vier Zimmern gebaut. Jedes hat eine Dachterrasse, die kleine Küche wird von allen gemeinsam genutzt. Die Krise von 2018 hat auch den Strand getroffen. Es kommen deutlich weniger Touristen und die Preise sind gefallen. Um Geld zu verdienen, haben beide angefangen zweimal in der Woche asiatisch zu kochen: montags gibt es thailändisches Curry, „superlekker“, und wir lassen keinen Montag aus. Mittwochs gibt es ein etwas milderes indonesisches Saté, jedes Mal gefolgt von einem unvergleichlich fruchtigen „Key-Lime-Pie“. Hier finde ich etwas, das ich so oft in Asien erlebt und in Amerika sehr vermisst habe: laue Abende, leckeres Essen, buntes Licht, schöne Musik: Atmosphäre.
Die Atmosphäre im Red Peppers hat uns an Asien erinnert und ist etwas, das wir in Amerika fast nie gefunden haben. Robert im „Red Peppers“ Montags und Mittwochs essen wir im „Red Peppers“ asiatisch. Mark, Bella, Robert, icke und Mariken im Red Peppers.
Wir wohnen im TwoTen bei Ben und Claudio. Kleine Häuser mit einem Wohnbereich (und Küche) im Erdgeschoss und einem Schlafbereich unter dem Dach. Die Gestaltung ist klar und es sind nur hochwertige Materialien verbaut, wir fühlen uns sofort wohl. Es weht immer ein Wind, der zumindest in den Morgen-und Abendstunden angenehm kühlt.
So schräg schieben sich hier überall die Gesteinsmassen aus dem Boden. Die Bäume oben darauf haben übrigens keine Blätter. Die „Finger“ schimmern grünlich und ab und an gibt es eine weiße Blüte und in der Folge eine grüne Schote. Drei Mann hoch: Die natürlichen Formen der Steinschichten erinnern mich z.T. an Jugendstil-Ornamente In einer Ecke der Bucht sammelt sich ausgebleichtes Treibholz. Fast sieht es aus, als wäre hier eine Tier verendet. Bellas Foto. Ein riesiger Strand und nur wenige Menschen. Beeindruckend die einige Meter hohen Säulenkakteen, die in kaum vorhandener Erde wachsen. Sowas liegt hier einfach herum. Würde ich mir sofort in die Wohnung stellen. Fast immer haben wir den ganzen Strand für uns allein. Seltene und erwünschte Momente: Wolken. Immer wieder schön. Geregnet hat es trotzdem nicht. Solche Unterstände bauen sich Surfer. Zum Schutz vor der Sonne nehme ich an. Nach Sonnenuntergang (ohne Wolken)
Am Strand finden wir die Weite, die wir in Kolumbien vermisst haben. Kaum zu glauben, dass wir an einem so schönen Ort fast für uns allein und doch in angenehmer Gemeinschaft sein können. Die meisten hier sind Surfer. Meine inneren Bilder dieser Spezies werden sich im Laufe dieser vier Wochen deutlich verändern. Was bleibt, ist die extreme Körperlichkeit und die ausschließliche Heterosexualität mit all ihren Klischees von „weiblich“ und „männlich“. Aber dazwischen gibt es fast verspieltes, eine Suche nach Kontakt mit der wilden Natur, ein hohes Maß an Individualität, vielleicht sogar die Suche nach Spiritualität. Jedenfalls deutlich mehr Introvertiertheit und Stille, als ich es erwartet hätte.
Um diese Jahreszeit hinterlässt die Flut eine scharfe Kante. Später im Jahr soll der Strand wieder ganz flach werden. Der Surfer … Nein, es sind schon ein paar mehr. Aber die Saison mit den meterhohen Wellen beginnt erst im April. Glück für uns. Die Flut kommt, Robert bleibt, ein Surfer geht. unterwegs … Der Nachbarstrand mit Hotels und „Magnific Rock“.
Von uns aus bis an das eine Ende des Strandes sind es etwa 3 km. Bei Ebbe ist der Strand sehr breit und der Boden fest, so dass Robert und ich anfangen zu laufen. Hin, mit der Sonne im Rücken erleben wir ein phantastisches Farbenspiel: Wenn die ein bis zwei Meter hohen Wellen brechen und der ablandige Wind den Kamm in feinste Tropfen sprüht, färben sie sich im Regenbogen. Zur anderen Seite, vorbei am „Magnific Rock“, den Playa Santana entlang laufen wir noch einmal die gleiche Strecke, so dass wir auch mal auf unsere klassische Übungsdistanz von 12 km kommen.
Um diese Jahreszeit hinterlässt die Flut eine scharfe Kante. Später im Jahr soll der Strand wieder ganz flach werden. Der ablandige Wind bläst den sich aufbergenden Wellen heftig entgegen und zerstäubt den Kamm in winzige Tropfen. Die Flut kommt. Im Gegenlicht und mit knapp Mannshöhe auch noch ungefährlich. Die Flut kommt …
Mit etwas Klettern und bei Ebbe erreichen wir einen natürlichen Pool. Ein Becken, dessen Inhalt bei Niedrigwasser nicht abläuft. Das Wasser ist blau und klar und voller kleiner gelb-schwarz gestreifter Fische. Hier kann man ohne Wellen baden oder sich einfach etwas abkühlen.
Bei Ebbe bildet sich hier ein natürlicher Pool: Baden ohne Wellen mit hunderten kleiner Fischchen. Pool mit Schatten Baden im natürlichen Pool: Robert, Bella, Sandra, Marcos mit Duke und Thomas Sandra fecit: Pool, Robert und Meer.
Den zweiten Verlust dieser Reise habe ich einer Welle zu verdanken: Sie kommen unregelmäßig und sind zu dieser Jahreszeit auch nicht so furchtbar hoch (der Grund, warum die eigentliche Surfer-Saison hier erst im April beginnt). Aber es kann plötzlich anders kommen: Ich stehe bis etwas oberhalb meiner Knie im Wasser und will auch nicht tiefer, als ich von vorne eine Wand aus Wasser auf mich zukommen sehe. So unerwartet, es ist zu spät für jede Reaktion, Bruchteile von Sekunden später bin ich in der Waschmaschine und als ich (unverletzt) wieder auftauche, fehlt meine Brille… Ein herber Verlust, die Gleitsicht hatte meine Lebensqualität deutlich verbessert. Aber wie sagt Tippe immer? „Alles nur eine Frage des Geldes!“ Und das stimmt auch hier: Im 50 km entfernten Rivas kann ich mir innerhalb einer Woche eine neue Brille mit meinen Werten machen lassen.
Der „Magnificant Rock“ Wie Schuppen eines urzeitlichen Tieres: die bei Ebbe sichtbaren Gesteinsschichten am „Magnific Rock“ Bei Ebbe freiliegende Gesteinsformationen am „Magnific Rock“ Der „Magnific Rock“ bei Ebbe Auf dem „Magnific Rock“ läuft es sich wie auf einem übergroßen versteinerten Reptil
Nach ein paar Tagen bekomme ich heftiges Fieber. Zwei Wellen, dann ebbt es ab. Es könnte Dengue gewesen sein, die zwei kritischen Tage nach dem Fieber gehen aber komplikationslos vorbei. Alles gut. Nur schlapp bin ich noch länger als eine Woche. Für mich fällt das Laufen also schnell wieder aus.
Guasacate hat eine ganz besondere Stimmung. Alle grüßen sich immer – auf der Straße oder am Strand – es ist wie auf einem Dorf. Alle sind freundlich und fast immer entspannt. Ich frage mich, ob in der Hitze überhaupt anderes möglich ist. Fabi und Jana, zwei Berliner, die hier Land gekauft haben, sagen, dass sie sich gerade hier wohl fühlen, weil hier überwiegend Europäer und nicht so viele (Nord-) Amerikaner leben. In dieser kleinen Community unterstützt einer den anderen.
Bellas Foto (vom iPhone – nein, so sieht das Meer hier nicht aus) Bella, Caspar David und ein iPhone Was iPhone Algorithmen so drauf haben… War aber auch „in Echt“ ein schöner Abend. Nicht durchs iPhone, aber trotzdem sehr schön …
Es ist natürlich auch hier so, wie es überall ist, wo Expats etwas aufbauen: Land und Arbeitskraft sind billig und mit wenig Kapital lässt sich hier schnell etwas erreichen. Der Unterschied zwischen dem, was man von Touristen einnehmen kann und was man einer/einem Einheimischen pro Tag bezahlt, macht rasantes Wachstum möglich. Im Moment sieht es hier allerdings anders aus. Die „Krise“, wie sie hier von allen genannt wird, hat einige dazu gezwungen in Europa das Geld zu verdienen, damit es hier weitergehen kann.
Alle, mit denen wir sprechen, lieben ihr Leben hier. Dort, wo wir wohnen oder essen, wird Qualität von Leidenschaft bestimmt. Vielleicht ist das schon das größte Geheimnis der besonderen Stimmung hier.
Es geht wieder weiter …
Zwei Wochen wollten wir bleiben. Jetzt sind es schon vier. Die Flüge sind gebucht. Am Sonntag sind wir in Ecuador. Aber wer weiß, vielleicht kehren wir auch ein drittes Mal nach Nicaragua zurück.
Was fehlt
Signit Safe …
Die Veröffentlichung der ersten Version von Signit Safe im App-Store (vorerst nur in der Schweiz und in Nicaragua)
Und Yves, Bellas Mann mit der wunderbaren Stimme, der es geschafft hat auf keinem Foto zu sein… Hier beides zusammen im Video.
Noch mehr Dengue …
Nach mir bekommt Ben, unser Vermieter Fieber, gleicher Verlauf, er lässt sich testen: Dengue. Die Freundin des italienischen Verkäufers, nach unserer Abreise Bella und Robert erwischt es, als wir gerade in Quito angekommen sind …
Eine Antwort …
Eine Antwort auf die Frage: Weiterreisen oder ein Haus kaufen …
Links
TwoTen ocean view houses to rent | Popoyo beach | Nicaragua
Denguefieber – Tropenkrankheiten – Tropeninstitut
Signit Safe – Complete digital signature tool
Fotos
Die Fotos stammen diesmal von den unterschiedlichsten Autoren: Robert, Bella, Sandra, Marie, Yves und Thomas. Sogar ein Taxifahrer und ein Koch haben einmal auf den Auslöser gedrückt.
Ingo Steinbach
Hallo Robert und Thomas,
bin auf dem neuesten Stand mit Eurem interessanten und umfangreichen Blog, vieles müsstet Ihr mir noch erklären.
Ihr seht fast immer Glücklich aus und das freut mich für Euch.
Ein Wiedersehen erwartet
Ingo