22. – 25. Dezember 2019

Vier Stunden dauert die Fahrt vom Pazifik in den Nebelwald. Santa Elena, ein etwas künstlich wirkender Ort, wo unser Hotel ist, liegt noch einige hundert Meter unter den (oft privaten) Nationalparks und hatte daher oft auch Sonnenschein. Sehr ungewöhnlich für uns, aber dort häufig: eine Mischung aus feinstem Nieselregen, blauem Himmel und Sonnenschein.

Noch am selben Abend buchen wir eine Nachtwanderung. Zwei Stunden suchen wir mit unseren Taschenlampen Boden und Bäume ab. Wir bekommen sehr viel erzählt, sehen ein paar schlafende Vögel, erstaunlich wie sich die “Federkugeln” bei heftigem Wind im Geäst halten, ein paar Spinnen und, blitzschnell den Weg kreuzend, ein Ozelot.

Die erste Nacht unter dicken Decken. Gestern noch bei 24 Grad, heute zeigt das Thermometer ein gutes Drittel. Wir stehen früh auf, denn wir haben einen frühen Bus in den Nationalpark gebucht. Die Sonne scheint und wo sie trifft, ist es auch warm. So freuen wir uns auf einen sonnigen Tag im Nebelwald. Sonne im Nebelwald? Ein Denkfehler. Mit jedem Meter, den sich der Kleinbus in die Höhe schraubt, wird es dunkler und feuchter. Oben empfängt uns ein leichter Nebel. Von einem der vier möglichen Wege durch den Park wird uns abgeraten, er sei einfach zu schlammig. Wir gehen die anderen drei und sind zutiefst berührt von der Üppigkeit des Waldes. Mehr noch als wir es in Nicaragua kennengelernt haben, ist hier jeder Baum von vielen hundert anderen Pflanzen bewachsen. Tiere sehen wir zu Roberts Leidwesen kaum, vor allen Dingen das ersehnte Faultier lässt sich nicht blicken. Eine britische Gruppe hat einen Quetzal entdeckt, den Wundervogel der Maya, ein Weibchen, und Robert darf einmal durch das Fernglas sehen. Es ist nicht zu viel los im Park, nur einmal aber sind wir für eine halbe Stunde wirklich allein. Eine wunderbare Ruhe umgibt uns, in der wir nur die Geräusche des Waldes hören. Kaum haben wir nach gut drei Stunden das Besucherzentrum wieder erreicht, beginnt es aus Kübeln zu schütten. Glück gehabt.

In Santa Elena, das wir nach einer guten halben Stunde Busfahrt wieder erreichen, scheint die Sonne und wir können uns aufwärmen und von der Wanderung ausruhen.

Für den kommenden Tag haben wir einen anderen Park gebucht, in dem man auf Hängebrücken, die höchste von ihnen ist mehr als 150 Meter hoch, auf Canopihöhe durch den Nebelwald wandern kann. Die Strecke ist nicht ganz so lang, wie die vom Vortag, zumindest am Anfang aber genauso beeindruckend: immer wieder Nebel zwischen den Baumwipfeln und überall dichtes Grün. Es ist aufregend so die Perspektive zu ändern und mit den Baumwipfeln auf einer Höhe zu sein. Von den Brücken sehen wir tief unten riesige Farne, das Rauschen von Wasser hören wir nur.

Die Nebelwälder Costa Ricas liegen auf der kontinentalen Wasserscheide. Sowohl vom Atlantik als auch vom Pazifik kommt feuchte Meeresluft, die hier auf einer Höhe von 1400 bis 1700 Metern kondensiert und abregnet. Dieses Gebiet zählt mit über 2500 Spezies zu den artenreichsten Gegenden der Erde.

Die kühle und feuchte Luft lässt weniger Licht hindurch als am Vortag, die Farben sind matter, die Stimmung mystisch. Es ist nicht oft der Fall, aber wir genießen die Momente, in denen wir annehmen können mit der umgebenden Natur allein zu sein.

Teil der Anlage ist ein Kolibri-Garten. Mit gemischten Gefühlen sehe ich hier 30-50 Kolibris an künstlichen Blüten Zuckerlösung saugen. Mit artgerechter Ernährung hat das sicher nicht zu tun. Trotzdem ist es faszinierend, diesen kleinen schwirrenden, still in der Luft stehenden bunten Vögeln zuzusehen. Die Kolibris kommen sehr nah. Wie schon in Tikal, scheinen sie uns nicht wahrzunehmen. Ein vor eine Blüte gehaltener Finger wird als Ast zum Sitzen benutzt. So lässt sich beim Trinken noch Energie sparen. Die kleinen Vögel sind in ihren Bewegungen so zackig und unglaublich schnell, dass Fotos nur aus Zufall gelingen. Es gibt hunderte, fast immer vor dem Hintergrund china-roter Zuckerwasserbehälter.

Zurück im Hostel kochen wir in der Gemeinschaftsküche. Seit drei Tagen gibt es Nudeln mit Tomatensoße und Ei. Schlafen und Ausflüge belasten unsere Reisekasse stark und die Preise sind dermaßen üppig, dass wir erst gar nicht versuchen essen zu gehen. Ein Stück Kuchen und Cappuccino gönnen wir uns zu Weihnachten aber doch.

Fehlt Monteverde. Wir könnten eine Pause gebrauchen, aber wofür sind wir hier. Der in einer anderen Gemeinde liegende, ältere Park glänzt nicht gerade im Besucher-Management. Zweimal Schlange stehen, erst für die Wartenummer und dann für die Eintrittskarte. Dafür gibt’s ein elektronisches Armband, das am Ein- und Ausgang gescannt wird. Die Erlebnisse der letzten beiden Tage zu toppen ist schwer. Diese Anlage ist deutlicher angelegt, die Wege breiter und stärker befestigt, der Wald kommt aber weniger nah. Dennoch haben wir einen schönen Tag, laufen fast alle Wege ab und kommen müde und glücklich nach Hause.

Obwohl Weihnachten, hat der Schalter geöffnet und wir können noch unser Busticket nach San José kaufen. Am nächsten Morgen, um 6 Uhr früh, verlassen wir die Berge und den Nebelwald. In steilen S-Kurven geht es den Berg herunter, fantastische Sicht in tiefe Schluchten, besonders schön ist der Sonnenaufgang anzusehen.

Links:

Monteverde & Santa Elena: Auf Hängebrücken durch den Nebelwald!

Reserva Santa Elena

Monteverde – Wikipedia

The safest hanging bridges in Monteverde | Selvatura Park

Costa Rica – Monteverde und Santa Elena Nebelwaldreservate